Archive for März, 2011

KW 11/2011: Shibumi Knoll, Chardonnay „Buena Tierra Vineyard“, Russian River Valley AVA, 2007

Dienstag, März 15th, 2011

1111B Shibumi Knoll CH Buena Tierre Vineyard 2007Bei Shibumi Knoll handelt es sich um eine kleine Boutique Winery, die in Deutschland – zu Unrecht – so gut wie unbekannt ist. Das Weingut liegt auf einem kleinen Anwesen ca. 6 km im nördlich von St Helena im Napa Valley und verfügt über eine ca. 0,3 ha große Rebfläche, die mit Cabernet Sauvignon bepflanzte ist und früher ein Teil des Vineyard 29 von Aida war. Eigentümer ist Don Ross, ein langjähriger Weinliebhaber, der das Anwesen zusammen mit seiner Frau Joann im Januar 2003 erworben hat. Verantwortlich für den Weingarten ist David Abreu, einer der besten Weingartenmanager der Welt, und für die Weine Chris Dearden.

Die Produktline bei Shibumi Knoll basiert auf einem außerordentlich empfehlenswerten Cabernet Sauvignon, der das Zeug hat in der Icon Class des kalifornischen Cabernets mitzuspielen, und in einer Größenordnung von etwa 1.500 Flaschen pro Jahr hergestellt wird. Später kam dann der Chardonnay aus dem Buena Tierra Vineyard in der Appelation Russian River im Sonoma Valley dazu. Von diesem Wein gibt es etwa 3.000 Flaschen pro Jahr. Weiterhin wird auch über einen Pinot Noir aus den Santa Rita Hills in Santa Barbara nachgedacht.

Auf Shibumi Knoll bin ich zum ersten Mal durch eine Wine-Spectator-Bewertung von 97 Punkten für den Vorgängerjahrgang 2005 des hier vorgestellten Wein aufmerksam geworden (2006 wurde aufgrund mangelnder Traubenqualität kein Chardonnay produziert) und habe mich einmal in die Mailing-Liste dort eingetragen. Inzwischen harrt nahezu das vollständige Programm von Shibumi Knoll bei mir im Keller der Verkostung. Ich werde berichten.

Shibumi Knoll, Chardonnay „Buena Tierra Vineyard“, Russian River Valley AVA, 2007

Sehr elegantes, zartmineralisches Bukett mit sanftem nussigen Toast, einem dezenten Fruchtkomplex aus Pink Grapefruit, süßer Birne, Banane und Mirabelle, gut eingebundener Extraktsüße und aufkommenden rauchigen Komponenten. Am Gaumen mit enormer Präsenz und Harmonie sowie perfektem Holzeinsatz. Voller Körper, harmonische Säure, Haselnüsse, geröstete Eicheln, dezente Vanillenoten, etwas Banane und Birne. Im Untergrund schwingt eine sanfte mineralische Ader mit. Sahne und Extraktsüße im langen Abgang. Der Wein ist schon sehr zugänglich, atemberaubend elegant, mit einem enormen Spaßfaktor ausgestattet ohne auch nur den Ansatz eines Strukturdefizites aufzuweisen und dabei in jeder Faser hochklassig. Es ist schon erstaunlich, dass etwas so seriöses so lecker sein kann. Gibt jetzt alles. Bis 2012.

Shibumi Knoll wird zwar in Deutschland nicht vertrieben, der Wein taucht jedoch gelegentlich auf Auktionen, z. B. bei der Munich Wine Company (www.munichwinecompany.com), bei Preisen um 110.- Euro auf.

18,3 / 95 Punkte

Kapitel 3: Madeira oder wenn harte Männer weinen (Director’s Cut)

Sonntag, März 6th, 2011

Für meinen ersten Abstecher nach Madeira möchte ich einen Text wählen, den ich in einer gekürzten Version bereits in der Herbstausgabe 2004 des Weinmagazines „Divino“ veröffentlicht habe. Da Platzerwägungen an dieser Stelle keine Rolle spielen müssen, hier der Text in voller Schönheit, sprich Länge – sozusagen als „Director’s Cut“.

Vielleicht mag der eine oder andere ja mangelnde Aktualität monieren, aber beim Thema Madeira mit Weinen, die 200 Jahre und mehr reifen können, erscheinen mir einige wenige Jahre von untergeordneter Bedeutung. Ich habe diesen Artikel auch damals verfasst, um meine Faszination für Madeira auszudrücken und bisher wenig gefunden, was dem besser nahe gekommen wäre. Aber urteilen Sie selbst:

Leider gibt es nur noch wenige Orte auf unserer immer hektischer werdenden Welt, an denen die Zeit stillzustehen scheint. Die Kellerei von Artur de Barros e Sousa ist einer davon. „Come in, come in. You like to taste some wine?“ hüpft uns ein gar freundliches Männlein so um die 60 entgegen, als wir ein typisches Madeirafass mit Willkommensgrüßen in 5 Sprachen passiert haben und in das Halbdunkel eines Durchgangs zu einem Verkostungsraum abgetaucht sind. Mit seiner an chinesischen Mao-Look erinnernden grauen Arbeitsjacke, grauen, nur noch spärlich sprießenden Haaren und etwa einem Meter sechzig Körpergröße, strahlt er eine erstaunliche Energie und Lebensfreude aus. An den Seiten des Durchgangs sind Lodge-Pipes aufgereiht, Fässer in denen Madeira über viele Jahre heranreifen muss, um sich dereinst zu strahlender Schönheit aufzuschwingen. Darüber Batterien von gefüllten Flaschen in Dreierreihen. Alles strahlt hier einen rustikalen, zeitlosen Charme aus. Wir sehen Senhor Barros zu einem Regal mit Verkostungsflaschen eilen und einige davon herausnehmen.

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KW 10/2011: Weingut August Kesseler, Riesling Kabinett „Lorcher Schlossberg“, Rheingau, 2005

Sonntag, März 6th, 2011

Auch wenn es nicht besonders innovativ erscheinen mag einen Wein von August Kesseler, einem der anerkannt besten Winzer in Deutschland, hier hervorzuheben, möchte ich das aus folgenden Gründen dennoch gerne tun: (1) Zum einen ist August Kesseler hauptsächlich für seine teuren Pinot Noirs berühmt, wobei ich seine – deutlich preisgünstigeren – Rieslinge im objektiven Vergleich höher bewerten muss. Dies hat damit zu tun, dass bei Pinot Noir das Burgund – egal wie viele mittelmäßige bis grauenvolle Weine dort produziert werden – in der absoluten Spitze immer noch die Maßstäbe setzt, während bei Riesling die Maßstäbe in Deutschland definiert werden. (2) Weiterhin wird das Thema Riesling zunehmend von superreifen Alkoholbomben – man denke hier nur an den Unendlich von FX Pichler – dominiert und der einst mit vollem Recht berühmte Kabinettstil gerät immer mehr in Vergessenheit. (3) Auch tendiert eine Mehrheit der Verbraucher dazu, Weine in ihrer Jugend zu trinken, lange bevor sie wirkliche Trinkreife erreicht haben. Dies finde ich sehr schade und eigentlich auch ein Missachtung all der harten Arbeit, die ein Winzer während des Jahres zur Erzeugung eines Spitzenweines aufwenden muss. Deshalb hier ein archetypisches Riesling-Kabinett in sehr guter Trinkreife zu einem günstigen Preis, das sogar noch ab Weingut erhältlich ist:

Weingut August Kesseler, Riesling Kabinett „Lorcher Schlossberg“, Rheingau, 2005

Strohgelb mit Grünreflexen. Duftiges, transparentes Riesling-Bukett mit Zitrusnoten, gezuckerter Grapefruit, Pfirsich, aufkommenden floralen Komponenten und einem Minihauch Petrol. Wird mit Belüftung immer mineralischer. Am Gaumen leicht, beschwingt und in perfekter Trinkreife. Guter mittlerer Körper, balancierte Säure, zartschmelzende Restsüße, beeindruckende Mineralität und ein erstaunlich dichter Fruchtkern, in dem der Weinbergspfirsich dominiert und der von Zitrusnoten abgerundet wird. Langer sahnig-cremiger Abgang, in dem die reintönigen Pfirsichnoten wieder hochkommen. Ein archetypisches, exemplarisches Kabinett aus dem oberen Rheingau. Bis 2015+.

9,5 % A. AP 004/06. 8,50 Euro ab Hof

17,0 / 91 Punkte

Kapitel 2: Das White-Barolo Phänomen

Mittwoch, März 2nd, 2011

Weißer Barolo!? Viele werden jetzt die Stirn runzeln und mit einem gewissen Recht anmerken „Es gibt keinen weißen Barolo!“ Und den ersten April haben wir auch nicht. Aber höret, auch wenn es noch so unwahrscheinlich erscheinen mag, so muss ich Euch erwidern „Und es gibt ihn doch!“. Lasset mich also den Beweis antreten.

Vor einiger Zeit begann ich mich intensiv mit dem Thema „Gereifte Barolos“ auseinanderzusetzen. Junger Barolo steht in meiner Wertschätzung schon seit längerer Zeit ganz oben und was jung so gut ist, kann im reifen Zustand zumindest nicht schlecht sein. Ich habe mich folglich bei mehreren seriösen Quellen auf die Suche nach geeigneten Weinen anerkannter Produzenten aus hervorragenden Jahrgängen der 40er und 50er Jahre begeben. Dabei ist mir folgendes aufgefallen: Manche Weine, speziell aus den absoluten Spitzenjahrgängen 1947 und 1958, hatten – zumindest soweit man das durch das Glas der Flasche sehen konnte – eine wasserklare Farbe und ein massives Depot in Form von Hobelspänen von einigen Zentimetern Höhe. Der kundige Weintrinker (und zu Beginn auch ich) würde nun daraus schließen, dass diese Weine hinüber und von solchen Flaschen tunlichst die Finger zu lassen wären. Da mich solche höchst seltsamen Phänomene andererseits auch wieder anspornen den Dingen auf den Grund zu gehen, habe ich dennoch einige der genannten Flaschen erworben.

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